Beschluss: Mit Debatte - einstimmig -

Abstimmung: Ja: 12, Nein: 0, Anwesend: 12

I. Zusammenfassung

 

Kinder und Jugendliche haben das Recht,  geborgen und gesund aufzuwachsen. Der Auftrag des Jugendamtes ist es, für den Schutz von Kindern und Jugendliche zu sorgen. Das heißt, in Fällen einer möglichen Kindeswohlgefährdung die Situation zu klären und mögliche Gefahren abzuwenden. Gesetzliche Grundlage für diese Aufgabe des Jugendamtes ist insbesondere § 8a SGB VIII, der dem Jugendamt die Aufgabe zuweist, gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen einzuschätzen, die Umstände mit den Erziehungsberechtigten zu klären, und den Erziehungsberechtigten im Bedarfsfall Hilfen anzubieten. Unter Umständen kann beim Vorliegen einer dringenden Gefahr für das Kind eine Inobhutnahme durch das Jugendamt erfolgen.

 

 

II. Sachvortrag

 

Um das Wächteramt ausreichend erfüllen zu können, ist der Familienunterstützende Dienst (FuD) darauf angewiesen, Kenntnis von einer möglichen Kindeswohlgefährdung zu erlangen. Jede Meldung wird vertraulich behandelt, um den Schutz auch der Melder/Melderin gewährleisten zu können. Melder/Melderin können sowohl Einzelpersonen sein, als auch Schulen, Kindertagesstätten oder Ärzte.

 

Im Jahr 2016 gingen beim FuD insgesamt 46 Meldungen/Mitteilungen ein, davon 33 Meldungen per Telefon, 8 Meldungen schriftlich und 5 Meldungen persönlich. Zwei Meldungen davon waren anonym. 16 Meldungen kamen von Bekannten, Nachbarn oder Verwandten, 10 von anderen Einrichtungen, 7 von Schulen, 3 von Polizei/Gericht und  2 aus dem Gesundheitsdienst.  Insgesamt waren 68 Kinder betroffen. Es handelte sich um gewichtige Anhaltspunkte bezüglich Vernachlässigung (21), körperliche Misshandlung (18), seelische Misshandlung (11), häusliche Gewalt (8), Drogenmissbrauch (5), sexuelle Gewalt (2); es sind hier Mehrfachnennungen möglich.

 

Die Bearbeitung von Meldungen über eine mögliche Kindeswohlgefährdung erfolgt nach einer gemeinsam erarbeiteten und verbindlichen Handlungsanweisung, welche durch das Computerprogramm OK KIWO begleitet wird.  Grundsätzlich geht der Familienunterstützende Dienst jeder Meldung, jedem Hinweis nach. Nach der ersten Gefährdungseinschätzung im Team wird eine Einschätzung getroffen, ob

 

  • eine akute Gefährdung vorliegen könnte, die ein sofortiges Handeln erfordert;
  • Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen, die kein sofortiges Eingreifen, aber eine zügige Veränderung der Situation für das Kind erforderlich erscheinen lässt;
  • Anhaltspunkte für Gefährdungen vorliegen, die ein umgehendes Handeln noch nicht, jedoch eine Beobachtung der Gefährdungslage erforderlich erscheinen lassen;
  • eine Gefährdung des Kindeswohls nicht gegeben ist.

Wenn eine akute Kindeswohlgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, wird in der Regel ein Hausbesuch durchgeführt bzw. eine Abklärung der Situation in Schule/Kita usw. Hier gilt das Vier-Augen-Prinzip, d.h. dass immer zwei Kolleginnen einen erforderlichen Hausbesuch durchführen. Nach diesem Erstkontakt und der Klärung der Situation müssen weitere Entscheidungen getroffen werden, um das Wohl des Kindes zu schützen. Wenn es notwendig ist, wird mit der Familie und evtl.  dem Umfeld ein Schutzkonzept  erarbeitet. Dies beinhaltet in den meisten Fällen ein Beratungsangebot durch den FuD oder andere Beratungsstellen, in einigen Fällen wird eine ambulante oder auch stationäre Hilfe eingeleitet.

 

Wenn die Situation es erfordert, muss ein Kind unter Umständen auch in Obhut genommen werden (3 Fälle im Jahr 2016). Das bedeutet konkret, dass das Kind den Eltern entzogen wird, und zumindest vorübergehend bei Pflegeeltern oder in einer Einrichtung untergebracht wird. Wenn auf Grund der akuten Situation der ausreichende Schutz des Kindes in der Familie nicht gewährleistet  werden kann, und die Eltern der Inobhutnahme nicht zustimmen, muss auf Grund der gesetzlichen Vorgaben unverzüglich das Familiengericht angerufen werden. Seitens des Familiengerichtes ist dann eine Entscheidung zu treffen, über die Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme durch das Jugendamt.

 

Die Übernahme des Wächteramtes durch das Jugendamt, vor allem durch den FuD, fordert von den Mitarbeiterinnen ein hohes Maß an Professionalität und Verantwortung ein. Die Bearbeitung von Meldungen möglicher Kindeswohlgefährdung geht immer vor, das heißt, die Mitarbeiterinnen müssen sehr flexibel mit oftmals nicht einzuschätzenden Situationen umgehen. Es ist im Regelfall nicht absehbar,  welche konkrete Situation vor Ort angetroffen wird.  Auch der zeitliche Aspekt ist nicht einschätzbar.

 

Die Mitarbeiterinnen des FUD müssen vor Ort, mit unter Umständen unvollständigen Informationen Entscheidungen treffen, die sehr stark in das Leben  einer Familie eingreifen.  Das erzeugt oftmals einen immensen Druck auf die Mitarbeiterinnen. Die Frage, ob nichts übersehen wurde,  und die Angst, dass unter Umständen ein Kind zu Schaden kommt, obwohl zeitnah und fachlich korrekt gearbeitet wurde, gehört hierbei zum Alltag der Arbeit beim FuD.


Dient zur Kenntnisnahme!